
Rezension: Schizo von Nic Sheff
- by Lesekissen
Der verschwundene Bruder und die Schizophrenie
Miles Bruder ist verschwunden. Und Miles fühlt sich Schuld daran. Wäre seine Schizophrenie nicht an jenen Tag ausgebrochen, wäre sein Bruder immer noch unter ihnen. Jemand hätte auf seinen Bruder geachtet und mitbekommen wie er entführt worden ist.
Seit diesem Vorfall ist er bei einen Psychotherapeuten und erhält jede Menge Medikamente, die ihm das Leben zur Hölle machen. Er kann sich nicht konzentrieren, muss mit Übelkeitsattacken rechnen und wird von seinen Schülern ausgegrenzt. Als tickende Zeitbombe angesehen, hat er nur wenige Freunde in seinem Leben. Doch das alles ist nicht so wichtig, denn Miles will seinen Bruder finden und alles wird dadurch wieder gut machen.
Von Schizophrenie kaum eine Spur
Wie der Name des Romans schon sagt, dreht sich „Schizo“ um einen Jugendlichen mit Schizophrenie. Doch sobald man die ersten Zeilen liest, muss man schnell feststellen, dass vom Abbild der Krankheit nur die Oberflächlichkeit bleibt. Nicht nur ist Miles ein oft eindimensionaler Mensch, der sich zwar um seine Familie sorgt und sympathisch sein könnte, aber leider kaum einen eigenen Charakter in dieser Geschichte entwickelt. Stattdessen ist er ein ziemlich klischeebeladenes Bild seiner Erkrankung. Ein schwieriger Protagonist, der sich durch seinen selten wirklich ausgeprägten schizoiden Schüben kaum unter Kontrolle zu haben scheint. Sein Körper rebelliert gegen die Medikamente und auch er selbst fällt in starke Depressionen. Aber alles wirkt flüchtig und treibt nur vor sich hin ohne wirklich in die Tiefe zu greifen.
Leben mit der Krankheit
Nebst diesen offensichtlichen Problem, kommt Miles eigene Identität nur schwer daher. Unter seinen Umständen, gemieden von seinen Mitschülern, ist das Leben nicht leicht, doch auch Miles selbst scheint einfach ohne Kopf durch die Gegend zu laufen, was nicht nur an seinen Psychopharmaka liegen kann. Die Beziehungen zu anderen Charakteren sind so lasch und emotionslos gehalten, dass man sich fragt, wann die Echtheit kommen soll. Der Umgang seiner Eltern mit ihm ist vor allem nach dem Ende fast schon erschreckend und man könnte meinen, es kümmert nicht mal den Autor, was Miles eigentlch will. Oftmals gestelzt und hingebogen, stolpert er mitten hinein in seine Freundschaften, die kommen und gehen wie es anscheinend passt. Szenen von Geborgenheit und Liebe sind heruntergespielt und nach kürzeren Dialogen abgehakt. Zwar kann so mancher Nebencharakter Persönlichkeit aufbringen, aber deren Auftreten sind zu kurz gegriffen, um „Schizo“ aus der Patsche zu helfen und die Probleme zu begraben. Von wahrer Emotion fehlt jegliche Spur und so bleibt alles unterkühlt und steril. Weder waschechte Depression, noch Hoffnung, noch andere starke Gefühlsregungen, die in Miles sein müssten, sind wirklich vorhanden und wahrhaft spürbar. Wenn sie herausbrechen, dann unerwartet und nicht immer sehr schlüssig trotz seiner psychischen Störung, die viele logische Fehler in sich trägt. Psychologische Tiefe und Einfühlsamkeit bei einem interessanten Thema? Nic Sheff hat sie nicht.
Seelenlos und leer
In dieser Geschichte lässt Nic Sheff seinen Protagonisten dabei so abstrus und ohne Konzept durch die Gegend wandeln, dass man sich mehrmals an den Kopf fassen muss, was das jetzt schon wieder soll. Die Suche nach den Burder gestaltet sich viel zu simpel, dass man schon relativ schnell weiß, worauf Nic Sheff sein Ende aufbauen will.
Viele Szenen wirken leer und der Zugang zur Geschichte bleibt den Leser oft verschlossen, nicht nachvollziehbar und gleitet nicht selten ins Abstruse ab. Einzig der doch recht flüssig wirkende Schreibstil lässt einen schnell durch die Geschichte gleiten. Rau und ehrlich, was diese Thematik benötigt, kommt er daher und kaschiert nicht. Hilft nur nicht, wenn der Rest nicht stimmig und dem Vorbild folgt. Denn es mündet alles in einem Ende, dass mit einer Pointe aufwartet, die nur noch ausgelutscht daherkommt. Innovation und neue Aspekte der Schizophrenie bleiben vollkommen aus und so bleibt nur eine unterdurchschnittliche Standardlektüre über einen Kerl mit Schizophrenie. Der ein oder andere Moment ist vorhanden, der aufzeigt, was aus „Schizo“ hätte werden können, doch auch diese Potenzial wird schnell unter den Teppich gekehrt um Komplexität und Intensivität zu vermeiden, auch wenn man Nic Sheff gutheißen muss, dass er einen Roman mit Hoffnung bestückt hat, trotz der schwierigen Situation von Miles.
Doch die einfühlsame Lektüre über einen ausgegrenzten Jungen, der unter seiner Krankheit leidet und versucht damit zu leben, wird „Schizo“ nicht, egal wie stark es der Roman versucht.
Fazit
Nic Sheffs „Schizo“ soll ein Psychogramm eines Teenagers sein, der unter Schizophrenie leidet. Stattdessen bleibt es ein Werk, welches sich mit Oberflächlichkeiten aufhält und nicht zu selten den falschen Weg einschlägt. Von einem einfühlsamen und echten Bild eines Teenagers mit einer stigmatisierenden psychischen Belastung ist viel zu selten etwas zu spüren. In Ansätzen ist Potenzial vorhanden, welches aber leider nicht ausgeschöpft worden ist und nicht zu selten ins Absurde abgleitet. Schade um das wichtige Thema. Wer diesen oder andere Bücher lesen möchte: Günstige Hörbücher, E-Books, Bücher und Fachbücher gibt es hier.
Der verschwundene Bruder und die Schizophrenie Miles Bruder ist verschwunden. Und Miles fühlt sich Schuld daran. Wäre seine Schizophrenie nicht an jenen Tag ausgebrochen, wäre sein Bruder immer noch unter ihnen. Jemand hätte auf seinen Bruder geachtet und mitbekommen wie er entführt worden ist. Seit diesem Vorfall ist er bei einen Psychotherapeuten und erhält jede…