Rezension: Diskobushaltestellenhierarchie von Erik Brandt-Höge

Raus aus dem Dorf, rein nach Berlin

Hannes Bloom träumt nur von einem: Raus aus Lüttstedt, dem Dorf, und rein in die Hauptstadt, wo jeder Abend ein Abenteuer und der Dönerladen nur ein paar Treppenstufen entfernt ist. Seinen Zivildienst will er deshalb als Koch in einem Berliner Kindergarten absolvieren und das obwohl er so gar nicht begabt am Herd ist. Allerdings wächst er auch an seinen Aufgaben. Eine Wohnung ist in Friedrichshain schnell gefunden, wo die Badewanne mitten in der Küche steht und Vorhänge Mangelware sind. Es wirkt alles so surreal und trotzdem zieht die Hauptstadt Hannes in ihren Bann.

Erik Brandt-Höges Debüt steht für alle Kleinstadtkinder und Dörfler, die davon träumen, aus ihren traditionellen Gemeinden auszubrechen und in die pulsierenden Großstädte zu ziehen. Protagonist Hannes Bloom wünscht sich nichts sehnlicher und stößt auf Unverständnis seiner Freunde. Lüttstedt ist doch toll und die Kleinstadt daneben ist doch auch in Ordnung. Für Hannes ist das nichts. Er will diesen immer gleichen Abläufen auf dem Land entfliehen. In Berlin angekommen, verliert er sich bald in einem Rausch aus Partys, in einer Stadt, die niemals schläft. Er begegnet ungewöhnlichen Persönlichkeiten: Frauen, die gerne nackt sind, Partygäste, die mehr als nur Alkohol zum Leben brauchen und Kneipengänger, die man besser meiden sollte.

Was Erik Brandt-Höge beschreibt, ist so authentisch und einfühlsam, dass man diese Wucht am eigenen Körper spürt. Er schreibt von Einsamkeit, die durch die Oberflächlichkeit der Menschen entsteht, von zerschlagenen Hoffnungen und dem Wunsch geliebt zu werden. Mit einer gekonnten Mischung aus Humor und Ernsthaftigkeit hat er einen Erstling geschrieben, der lebendiger nicht sein könnte. In Hannes spiegelt sich eine ganze Generation wider, die in die Clubs der Großstädte flüchtet um die Welt zu entdecken. In einer Zeit, wo keine Grenzen mehr gesetzt sind, man sich selbst austestet, fast daran zu zerbrechen droht.

Die Schreibe des Autors färbt dabei die Welt in die richtigen Farben. Mal dunkel und gefühlvoll, mal nur oberflächlich und immer mit dem richtigen Ton an Ironie und unterschwelligen Sarkasmus lässt er seinen Ich-Erzähler Hannes durch Berlin laufen und sich selbst finden. Immer wieder bringt er ihn zurück in die Heimat, macht Kontraste größer und zeigt doch, dass man seine Herkunft niemals vergessen kann. 

Die Entwicklung des Protagonisten ist dabei so dramatisch und sprunghaft, dass der Leser selbst oft nicht weiß, wohin er schon gestolpert ist. Schnellen Schrittes steigt er die Treppen der Welt hinauf und man sieht ihm dabei zu, wie er sich vom zögerlichen Dorfjungen zu einem Großstädtler wandelt, dem nichts mehr fern erscheint. Hannes findet Freunde, fühlt sich manchmal einsam und bekommt seine Augendeckel vor lauter Feiern fast nicht mehr auf. Dabei ist alles so fasziniert und klug gewählt, dass die ganze Bandbreite an Situationen abgedeckt wird, jeder Winkel Großstadt neue Erfahrungen mit sich bringt. Und auch seinen Platz in dieser Welt findet. In allem steckt eine Portion Überzeichnung und Überdrehtheit. Hipster werden genauso hämisch angegrinst wie andere Gruppen. Niemand wird ausgelassen im Schmelztiegel Berlin. Oftmals muss man grinsen, weil hinter all dem Sarkasmus doch Wahrheit steckt.

Doch ein kleiner Kritikpunkt bleibt. So klug das Debüt von Erik Brandt-Höge daherkommt, kratzt es doch manchmal zu sehr an der Oberfläche. Bevor es mehr ins Detail geht, blendet aus und beschränkt sich auf das Wesentliche. Manches kommt zu kurz, Details, die man sich gewünscht hat, fehlen oder werden ignoriert. So sehr auch dahinter Absicht stehen kann, die Oberflächlichkeit in der Großstadt zu zeigen, ist es doch stellenweise zu viel um dem Roman den perfekten Schliff zu geben, den er verdient hätte Und doch bleibt „Diskobushaltestellenhierarchie“ ein kurzweiliges Werk, welches nicht nur unterhält, sondern auch eine ganze Generation widerspiegeln kann.

Fazit

Erik Brandt-Höges Erstlingswerk „Diskobushaltestellenhierachie“ ist ein gefühlvoll geschriebener und kurzweiliger Roman, der mit einem Augenzwinkern von der Sehnsucht nach dem Großstadtleben erzählt. Auf der Suche nach sich selbst muss Protagonist Hannes erfahren, dass Liebe in dieser oberflächlichen Welt nur schwer zu finden ist. Auch der Leser muss sich eingestehen, dass Brandt-Höges „Diskobushaltestellenhierarchie“ zwar aufgeht, es dem Autor aber nicht gelingt viel tiefer als kurz unter die Oberfläche vorzudringen.

Raus aus dem Dorf, rein nach Berlin Hannes Bloom träumt nur von einem: Raus aus Lüttstedt, dem Dorf, und rein in die Hauptstadt, wo jeder Abend ein Abenteuer und der Dönerladen nur ein paar Treppenstufen entfernt ist. Seinen Zivildienst will er deshalb als Koch in einem Berliner Kindergarten absolvieren und das obwohl er so gar…

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