
Rezension: Arschkarte von Heiko Thieß
- by Lesekissen
Midlifecrisis und Paarungswille
Timo hat es wirklich hart getroffen. Seine Freundin hat ihn für den Nachbarn verlassen und er wohnt immer noch in der Wohnung nebenan. Kein Wunder, dass er bei dem ganzen Gestöhne kaum noch schlafen kann und mehr als frustriert ist. Seine Arbeit in der Werbeagentur macht es nicht gerade besser. Und mit Fußpilzcremewerbespots wird er wohl kaum bei der Frauenwelt punkten kann.
Eins ist klar: Eine neue Frau muss her und wenn es nur für eine Nacht ist. Auch die Kuppelversuche der Freunde enden eher auf der Polizeistation, als wirklich in fiebrigen Geschlechtsverkehr. Frauen ansprechen war ja noch nie so seine Sache, aber jetzt muss er sich eben überwinden. Aber dafür muss Timo erst einmal wissen, für wen sein Herz da eigentlich schlägt. Denn wenn er ehrlich ist, hat er eher darauf gewartet, dass er gefunden wird.
Männerroman mit Herz
Schon ab der ersten Seite schließt man den etwas tapsigen Timo in sein Herz. Nicht nur wegen seiner sehr sarkastischen Zunge, sondern auch für seine liebe und charmante Art, in der sich wahrscheinlich nicht nur ein Mann finden kann. Gibt es eigentlich Schwierigeres als das richtige Wort bei Frauen zu finden? Nein! Nichts ist schwerer und so versucht es Timo auf allerhand Wegen und geradezu verzweifelt, damit seine Exfreundin nicht mehr mit dem Nachbarn stöhnen muss, sondern er wieder aufstöhnen kann. Auch wenn er sie ja eigentlich gerne zurück hätte, aber das hält ihn nicht zurück nach vorne zu preschen, trotz so manchen herben Rückschlags. Dass ihn sein Job als Werbetexter ziemlich auf den Zeiger geht, ist nur eine nette Nebensache, die ihn noch sympathischer macht. Auch, wenn das ein oder andere Männerklischee nicht ausbleiben darf. Echte Männerfreundschaft funktioniert nur mit Klischees!
Zwischen zwanghaft Kreativen
Dabei watscht Heiko Thieß eine ganze Branche ab. Nicht nur geht es um das zwanghaft kreativ sein, sondern auch um das Denglische, die nervigen Kunden, die ja die größten Kampagnen in einer Woche angefertigt haben möchten oder auch die Einstellung der Mitarbeiter, weil die Werbebranche einfach so cool ist, dass man es kaum glauben kann. Und führt damit einen ganzen Berufszweig vor, der mehr Schein als Sein ist. Dass das Ganze manchmal ganz schön nerven kann, zeigt Timo auf seine ganz eigene Art und Weise. Alle tun so, als würden sie wissen, was sie machen und haben eigentlich doch keine Ahnung. Wie in der Realität es üblich ist, da sind die Werbetexter dieser Welt nicht großartiger, als alle anderen Menschen. Der Autor schreibt, selber Werbetexter, authentisch über seinen Berufsstand mit all seinen Schwierigkeiten und hohen Erwartungen.
Gagfeuerwerk ohne Pause
Und dabei gelingt Heiko Thieß, was den meisten humoristischen Büchern fehlt: Er schafft es in jede Zeile Humor zu pressen. Nicht nur die amüsanten Szenen, in die er seinen Protagonisten wirft, haben es in sich, sondern auch sprachlich haut es einen Wortspiele um die Ohren bei denen die Lachmuskeln auf Höchste trainiert werden. Muskelkater inklusive. Ironie trifft auf Sarkasmus und schneidigen Zynismus bis zur letzten Zeile. Wer hier nicht lacht, lacht wahrscheinlich überhaupt nicht mehr. Werbesprache, gekonnte Metaphern und das ganze ohne unnötige Slapstickeinlagen, sondern mit gekonnter Sprachspielerei und der perfekten Prise Überzogenheit und Überdrehtheit, die ein Roman dieser Art braucht. Da kann Tommy Jaud noch was dabei lernen!
Ob Timo noch die Liebe seines Lebens findet oder glorreich auf die Nase fällt? Man weiß es bis zum Schluss nicht und hat es doch ahnen können, aber irgendwie auch nicht. So wie das Leben einem gerne mal die Arschkarte zeigt.
Fazit
„Arschkarte“ ist Bauchmuskeltraining der Extraklasse und ein Männerroman, der es in sich hat. Heiko Thieß beweist mit seinem Debüt, dass Männerromane auch verdammt witzig sein können und dabei nicht unnötig flach und vulgär sein müssen. Da kann so mancher Autorenkollege noch was lernen.
Midlifecrisis und Paarungswille Timo hat es wirklich hart getroffen. Seine Freundin hat ihn für den Nachbarn verlassen und er wohnt immer noch in der Wohnung nebenan. Kein Wunder, dass er bei dem ganzen Gestöhne kaum noch schlafen kann und mehr als frustriert ist. Seine Arbeit in der Werbeagentur macht es nicht gerade besser. Und mit…